Interview: Bill Kelliher von Mastodon

Mit „Hushed And Grim“ haben Mastodon im Oktober das vielleicht beste Album ihrer Karriere veröffentlicht. Zum ersten Mal an Bord: Produzent David Bottrill, einer der renommiertesten Namen der Prog-Szene. Ich durfte mich mit Mastodon-Gitarrist Bill Kelliher (oben im Foto ganz rechts) über die neue Platte, über die beiden Leinwand-Chaoten Bill und Ted sowie über den Mastodon-Stream aus dem Georgia Aquarium unterhalten.

Bill, danke für das Interview. Wie geht’s dir?

Mir geht es gut. Gestern haben wir auf dem Aftershock Festival gespielt und jetzt gerade fahre ich mit meiner Familie im Wohnmobil durch Kalifornien.

Die letzten anderthalb Jahre waren etwas anders, als wir das gewöhnt sind. Wie hat sich das auf das Songwriting und die Produktion eures neuen Albums „Hushed And Grim“ ausgewirkt?

Als die Pandemie angefangen hat, war ich noch recht positiv eingestellt. Ich musste ja Songs für ein neues Album schreiben. Als das Ganze dann aber weiter und weiter ging, dachte ich: „Jetzt müssen wir langsam mal wieder auf Tour gehen.“ Ich habe zum Glück ein Studio in meinem Keller. Es ist sehr klein, aber es erfüllt seinen Zweck. Nach der letzten Tour hatte sich viel Material angesammelt. Wir hatten im Studio einen guten Start, haben hart gearbeitet und es hätten etwa 25 Songs auf dem Album landen können. Wir waren auf dieses Album besser vorbereitet, als auf jedes andere davor.

Hushed And Grim: Das achte Studioalbum der Prog-Metaller Mastodon

Mit David Bottrill habt ihr einen neuen und sehr renommierten Produzenten an Bord geholt. Inwiefern hat er eure Arbeit beeinflusst?

David war großartig. Wir haben zu Beginn darüber nachgedacht, mit welchem Produzenten wir zusammenarbeiten möchten. Die Arbeit mit Brendan O’Brian hat uns zum Beispiel immer gefallen. Aber auf diesem Album wollten wir mal etwas Neues ausprobieren. Bei unserem ersten Zoom-Meeting hatte David sich schon einige Demos angehört und viele Notizen dazu gemacht. Er sagte: „Dieser Song ist großartig. Da sollten wir dieses und jenes versuchen. Bei diesem Teil sollten wir ein Orchester ausprobieren.“ Wir selbst hatten die Songs ja schon ein ganzes Jahr gespielt, aber für David waren sie komplett neu. Er hat sie mit ganz anderen Ohren gehört. Er hatte viele Ideen für die Songs und hat eine Menge Finetuning betrieben. Er hat das Beste aus uns herausgeholt. Genau das sollte ein Produzent machen.

Mastodon mit „Pushing The Tides“, der ersten Single von „Hushed And Grim“

Ihr habt nicht nur ein neues Album eingespielt, sondern auch einen Song für den Soundtrack von „Bill und Ted retten das Universum“ aufgenommen. Was verbindet ihr mit den beiden?

(lacht) Nicht viel mehr, als dass wir alle Fans der Filme waren. Die Bill-und-Ted-Filme sind rausgekommen, als ich ein Teenager war. Da war ich 14 oder 15 und habe Gras geraucht. Die Filme sind ziemlich doof, aber auch ziemlich lustig. Sie gehören einfach zu meiner Kindheit, genau wie Star Wars. Im Grunde waren die Filme eine Parodie auf die Jugend in Amerika zu der Zeit, denn alle wollten Gitarre spielen, eine Band gründen und Mädels abbekommen. Damit konnte man sich super identifizieren, weil diese beiden Tollpatsche in einer Band sein wollten, genauso wie jeder durchschnittliche Jugendliche in den USA zu der Zeit. Man hat diesen Lebensstil idolisiert. Das war nicht allzu weit von meinen eigenen Träumen entfernt. Danach hat es seit mehr als 30 Jahren keinen Film mit den beiden gegeben. Die Leute, die mit Mastodon aufgewachsen sind, machen gerade ihren College-Abschluss und übernehmen echte Jobs im echten Leben. Sie machen Filme und Soundtracks. Der Musikdirektor für den Film muss uns mögen, denn er hat uns angerufen und gesagt, dass er uns gerne dabeihätte und gefragt, ob wir einen Song schreiben können. Wir meinten: Klar, wir schreiben sowieso gerade „Hushed And Grim“. Der Song „Rufus Lives“ war zu der Zeit noch für das Album gedacht. Er war noch sehr rudimentär, eher das Skelett einer Idee. Sie sollten den Song aber schon in einer Woche. So funktioniert das. Sie rufen dich an und sagen: Wir brauchen sofort einen Song. Aber wir sind ja keine Fabrik, sondern Künstler. Es dauert ein bisschen, einen Song zu schreiben. Also ist das Lied von unserem Album zum Soundtrack von „Bill und Ted retten das Universum“ gewandert. Wir haben den Text speziell für den Film geschrieben, deshalb ist er anders geworden, als er für das Album geworden wäre, da bin ich sicher. Der Film war okay. Kein Blockbuster, aber lustig, frech und etwas dämlich.

Rufus Lives: Der Song, den Mastodon für den Film „Bill und Ted retten das Universum“ aufgenommen haben

Im Sommer habt ihr eine Akustik-Show aus dem Georgia Aquarium gestreamt. Wie ist es dazu gekommen?

Brann [Dailor, Mastodon-Schlagzeuger – Anm. d. Aut.] und ich kommen aus dem Norden von New York. Wir sind vor etwa 20 Jahren nach Georgia gezogen. Das Georgia Aquarium wurde erst in den letzten 15 Jahren gebaut. Es gibt dort eine der größten durchsichtigen Wände innerhalb des Wasserbeckens in ganz Nordamerika. Das ist also ein wirklich faszinierender und moderner Ort. Aquarien gibt es natürlich in den ganzen USA, aber dieses ist sehr modern und hat dieses riesige Fenster und sehr dickes Glas. Es ist beeindruckend, das Meeresleben dadurch zu beobachten. Wir waren damals dauernd im Aquarium und hatten eine Dauerkarte. Es gibt dort tolle Fische und der ganze Ort ist magisch. Ich glaube es war Troy [Sanders, Mastodon-Bassist – Anm. d. Aut.], der gesagt hat: Leute, es wäre verdammt cool, wenn wir hier eines Tages spielen würden. Vor fünf oder sechs Monaten haben viele Leute Livestreams gezeigt, weil sie wieder live spielen wollten. Dann ist jemand auf die Idee gekommen, ein Filmteam zu buchen und uns ein Konzert in einer richtigen Venue in Georgia spielen zu lassen. Ich glaube, dass Troys Idee dann damit vermischt wurde, nach dem Motto: „Okay, wenn wir diese Live-Show machen, können wir vielleicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und im Aquarium spielen.“ Was wir nicht wussten: Man kann dort wegen der Fische nicht sehr laut spielen. Wir mussten also akustisch spielen. Das hat mich etwas nervös gemacht, weil wir unsere Musik von Heavy-Metal-Mastodon zu Akustik-Mastodon umschreiben mussten. Mir war anfangs nicht klar, wie wir das übersetzen können. Am Ende hat das aber super geklappt und war eine tolle Lebenserfahrung, die man wahrscheinlich nur einmal macht. Wir haben dem Aquarium beim Wachsen zugesehen, weil es eben nur 15 Jahre alt ist und in unserer Heimatstadt liegt. Das ist ein cooler Spirit. Alles hat super geklappt, der Sound war toll. Als wir angefangen haben zu spielen, sind die Fische aus ihren Verstecken gekommen. Wahrscheinlich haben sie unsere Musik durch das Wasser gespürt und wollten mal schauen, was da so los ist.

Mastodon unter Fischen

Was habt ihr nach der Veröffentlichung von „Hushed And Grim“ vor?

Ich bin froh, wenn das Album draußen ist, weil ich sehr stolz darauf bin. Vielleicht fängt damit eine neue Ära an. Hoffentlich können wir die Pandemie hinter uns lassen und auch wieder in Europa auf Tour gehen.

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